Die Konzernverantwortungsinitiative II (KVI II) berührt zentrale ethische und gesellschaftliche Fragen. Die EKS steht klar zu den Grundwerten der Menschenrechte und der Bewahrung der Schöpfung und begrüssen jedes gesellschaftliche Engagement, das diese Werte fördert. Wie diese zentralen Werte in der Gesellschaft gelebt werden können, darüber bestehen verschiedene Vorstellungen. Unsere Kirche engagiert sich als Brückenbauerin, die Räume für Dialog schafft und den Austausch fördert – innerhalb der Kirche und darüber hinaus.
Fragen & Antworten zur Positionierung der EKS zur KVI II:
1. Warum hat die EKS die KVI 2020 unterstützt, und wie steht sie heute dazu?
Im Jahr 2020 unterstützte der damalige Rat der EKS die Konzernverantwortungsinitiative, weil er darin einen wichtigen Beitrag zur Achtung von Menschenrechten und Umweltstandards sah. Diese Werte sind zentral für die reformierte Kirche und leiten sich direkt aus der christlichen Ethik ab. Die KVI 2020 bot eine Gelegenheit, diese ethischen Grundsätze konkret in die politische Diskussion einzubringen. Der damalige Rat wollte mit seiner Stellungnahme dazu beitragen, dass ein griffiger Gegenvorschlag formuliert wird, der die Kernanliegen der Initiative aufnimmt. Aus der kontroversen Debatte in Anschluss hat die EKS wichtige Lehren gezogen:
- Es gibt christliche Werte und christlichen Glauben. Aber politische Initiativen und Vorlagen dürfen nicht den wahren Glauben oder echtes Christentum für sich vereinnahmen und andere davon ausschliessen. Wir Reformierten teilen gemeinsame Werte und respektieren, dass es viele Wege gibt, diese Werte zu leben.
- Es ist wichtig, die Gewissensfreiheit und die Pluralität der Meinungen innerhalb der Kirche zu achten.
- Statt Parolen zu formulieren, sollte die Kirche stärker auf Dialog und sachliche Information setzen.
Die EKS bleibt den Werten der Gerechtigkeit und der Bewahrung der Schöpfung verpflichtet. Sie begrüsst, dass diese wichtigen Themen durch die Initiative in der gesamten Gesellschaft diskutiert werden und die Wirtschaft in die Verantwortung genommen wird. Aber sie wird bei der KVI II bewusst keine direkte Unterstützung aussprechen, um die Vielfalt der Meinungen innerhalb der Kirche zu respektieren und einen Raum für offene Diskussionen zu schaffen. In der Kirche teilen wir gemeinsame Werte, aber wir wissen, dass es unterschiedliche Wege gibt, diese Werte zu leben.
2. Wie steht die EKS zur Unterstützung der KVI II durch das HEKS?
Das HEKS ist eine eigenständige Stiftung der reformierten Kirche, das sich insbesondere für Menschenrechte, Gerechtigkeit und Solidarität einsetzt. Die Unterstützung der KVI II durch das HEKS liegt im Selbstverständnis seines diakonischen Auftrags, sich für die Schwächsten einzusetzen und globale Verantwortung zu übernehmen.
Die EKS respektiert die unabhängige Position des HEKS, erkennt dessen Engagement als Beitrag zum gesellschaftlichen Diskurs an und teilt die Werte, die diesem Engagement zugrunde liegen – wie die Achtung der Menschenrechte und den Schutz der Schöpfung. Die EKS sieht sich jedoch selbst als Brückenbauerin und achtet darauf, nicht polarisierend aufzutreten, um die Vielfalt der Meinungen innerhalb der reformierten Gemeinschaft zu respektieren.
3. Wie engagiert sich die EKS in solchen gesellschaftlichen und politischen Fragen?
Die EKS sieht es als Teil ihres Auftrags, auf Missstände hinzuweisen und Werte wie Gerechtigkeit, Solidarität und Nachhaltigkeit zu fördern. Dies bedeutet nicht, parteipolitisch zu agieren, sondern sich aus biblischer und theologischer Perspektive in gesellschaftliche Debatten einzubringen. Die Unterstützung der KVI 2020 war ein Ausdruck dieser Verpflichtung, die aus heutiger Perspektive zu direkt auf die politischen Prozesse einwirken wollte.
Für die KVI II möchte die EKS nun vor allem Orientierung und Information bieten, um den gesellschaftlichen Dialog zu fördern, ohne die Meinungsvielfalt ihrer Mitglieder zu übersehen. Die EKS sieht ihre Aufgabe nicht darin, direkte politische Parolen zu formulieren, sondern ethische Orientierung zu bieten und die Gewissensfreiheit der Mitglieder zu respektieren. Die ethischen Grundlagen, die sich aus biblischen Prinzipien wie Menschenwürde, Gerechtigkeit und Solidarität ableiten, verpflichten die Kirche jedoch, für Menschenrechte und die Bewahrung der Schöpfung einzutreten und den gesellschaftlichen Diskurs aktiv mitzugestalten.
4. Welche theologischen Grundlagen leiten das Engagement der EKS in gesellschaftspolitischen Fragen wie der KVI II?
Die EKS bezieht ihre ethischen und theologischen Grundsätze aus biblischen Quellen und der reformatorischen Tradition. Themen wie Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung und Solidarität mit den Schwächsten spiegeln zentrale Anliegen wider, die in der Verfassung der EKS verankert sind. Diese Werte dienen als Orientierung, um ethische Positionen zu politischen Initiativen zu entwickeln. Die EKS pflegt zudem internationale, ökumenische und interreligiöse Beziehungen und steht mit ihren Partnerkirchen im Austausch.
«Die EKS interessiert sich für Fragen der Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit in der Wirtschaft, weil diese eng mit ihrem Auftrag verbunden sind, für die Menschenwürde, die Bewahrung der Schöpfung und das Gemeinwohl einzutreten.»
Wirtschaftliches Handeln, das gerecht, solidarisch und verantwortungsvoll ist, ist nicht nur eine ethische Forderung, sondern ein Ausdruck christlicher Verantwortung in einer globalisierten Welt.
Bereits 2010 hat die EKS (damals SEK) in einer umfangreichen Studie «Gerechtes Haushalten und faires Spiel» ethische Leitlinien formuliert, die zentrale Aspekte des verantwortungsvollen wirtschaftlichen Handelns und der Finanzethik betreffen. Das Konzept des «Haushaltens» (oikos im Griechischen) verbindet Ökonomie und Ethik mit der Verantwortung, ein «globales Haus» zu schaffen, in dem alle Menschen ein würdevolles Leben führen können. Die Studie thematisiert insbesondere die «Casino-Mentalität» der Finanzmärkte, die sich von der Realwirtschaft entfernt haben. Sie fordert, dass Wirtschaftssysteme menschen- und sachgerecht gestaltet werden. Eine Ethik des Finanzsystems fordert Freiheit und Verantwortung, Gerechtigkeit, Solidarität, Partizipation und Nachhaltigkeit. Diese Werte sind unverzichtbar für eine stabile und gerechte Wirtschaft. Die Orientierung am Gemeinwohl und an der Bewahrung der Schöpfung sind zentrale Leitlinien.
Die EKS hat in ihren Stellungnahmen zur Konzernverantwortungsinitiative 2020 betont, dass Unternehmen weltweit an die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards gebunden sein sollten, und dies auch rechtlich durchsetzbar sein muss. Sie spricht sich für eine globale Perspektive auf Wirtschaft und gemeinsame ethische Grundlagen aus.
Die Publikation «Too Big to Fail – 10 Fragen, 10 Antworten zur Bankenkrise» (2023) fordert stärkere Regulierungen und ethische Leitlinien für die Finanzwirtschaft, um die Risiken globaler Krisen zu mindern und hält fest: «Grundsätzlich sind alle Akteurinnen und Akteure in ihrem Entscheiden und Handeln verantwortlich gegenüber den Institutionen, Gruppen und Personen, die von diesem Handeln betroffen sind oder betroffen werden können.»
Die EKS hat sich zu diesen Themen auch grundsätzlich in Studien und Stellungnahmen positioniert:
Sorgt für das Recht:
Grundwerte:
Stellungnahmen:
«Sorgt für das Recht» – Über das Verhältnis von Demokratie und Menschenrechten
«Sorgt für das Recht» – Über das Verhältnis von Demokratie und Menschenrechten
Umweltschutz:
5. Was versteht die EKS unter einem konstruktiven, kirchlichen Beitrag zur politischen Debatte um KVI II?
Im Spannungsfeld von Politik, Wirtschaft und Glauben positioniert sich die Kirche als unabhängige und dialogorientierte Institution. Sie stärkt die demokratische Kultur, fördert den gesellschaftlichen Diskurs und erinnert an die Verantwortung jedes Einzelnen, die Freiheit im Sinne des Gemeinwohls zu nutzen. Die EKS ist keine Partei, aber sie hat einen Auftrag, sich für soziale Gerechtigkeit, Menschenwürde und den Schutz der Schöpfung einzusetzen.
Politisches Engagement in diesem Sinne bedeutet nicht parteipolitische Arbeit, sondern die Orientierung an christlichen Werten und die Förderung eines ethischen Dialogs in der Gesellschaft. Dies gehört zum öffentlichen Zeugnis der Kirche und ist Teil ihres Beitrags zu einer gerechten Welt.
«Die EKS versteht Demokratie nicht nur als Regierungsform, sondern als eine gesellschaftliche Kultur, die von Respekt, Pluralismus und Offenheit lebt.»
Sie sieht es als ihre Aufgabe, diese Werte zu fördern und in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung Räume zu schaffen, in denen verschiedene Meinungen gehört werden können. Diese Offenheit ist Teil des reformierten Selbstverständnisses, das den Dialog über das «Gute» und «Richtige» betont, ohne definitive Antworten zu monopolisieren.
Aktionen, wie die Beflaggung von Kirchtürmen oder Unterschriftensammlungen in Gottesdiensträumen, Zuspitzungen, die «Das Christliche» vorschnell mit der politischen Positionierung zu einer Initiative kurzschliessen, lehnt die EKS ab.